Der Weg in das nächste Dorf sollte länger als geplant dauern. Als wir die Road of Bones verlassen sind die Spritfässer von Pauls Ténéré und meiner AfricaSingle schon am blinken. 150 Kilometer sollten sportlich sein. Während ich mit konstanter Geschwindigkeit vornweg fahre merke ich das nach einiger Zeit niemand mehr nachfolgt. Aufgrund der Spritproblematik beschließe ich gemächlich weiter zu fahren um möglichst wenig Benzin zu verbrauchen.
Dabei wäre hier so eine wunderbare Strecke um mal abseits zu fahren. Überall sind Geisterstädte zu entdecken! Im Osten Russlands werden viel Rohstoffe, hauptsächlich Gold, abgebaut. Für die Arbeiter muss eine entsprechende Infrastruktur geschaffen werden und somit werden Musterstädte aus der Erde gestampft. Ist nach einiger Zeit die Mine versiegt dann werden diese Städte über Nacht verlassen und Geisterstädte bleiben zurück. Es ist wirklich interessant, denn selbst Autos, die Läden und natürlich Häuser sind alle noch da und in gar keinem so schlechten Zustand.
Geisterstadt |
Meine Kraftstoffwarnleuchte blinkt nun seit über 100 Kilometer, die Tankstelle liegt nur 6 Kilometer vor mir als Qdu zu ruckeln anfängt. 200 Meter weiter ist Schluss. Ich warte kurz, aber von den anderen ist auch keiner in Sicht. Also schieben. Zwei Kilometer später hält ein UAZ-Fahrer, nimmt einen alter Kanister von der Ladefläche, ein Stück Schlauch und saugt ein paar Liter ab. Ich bin happy nicht die restlichen 4 Kilometer zur Tanke auch noch schieben zu müssen. Meinen Versuch mich monetär zu bedanken wird natürlich abgelehnt - hier draußen hilft jeder jedem.
Von der Tanke aus fahre ich wieder in die Gegenrichtung um meine beiden Mitstreiter zu suchen. Kurz vor Sussuman kommt mir Chris entgegen - mit Paul am Abschleppseil! Auch bei Ihm ist der Tank leer...
Sussuman hat ein Gasthaus, von Außen schäbig, von Innen ganz okay. Dazu ein kleines Kafe, mit Speisen die garantiert nicht auf der Karte stehen. Uns ist es egal, wir hauen rein während im Zimmer unsere Klamotten trocknen. Die Dusche, für das ganze Gasthaus eine (!), ist zwar in miserablem Zustand, aber uns kommt sie trotzdem himmlisch vor. Wie man doch mit der Zeit seine persönlichen Grenzen herabschrauben kann!
Sussuman ist für sein Flugzeug in der Wand bekannt, was wir auch am nächsten Tag kurz anschauen.
Flugzeug in der Wand |
Heute sind wir zeitig los, wollen wir doch die 630 Kilometer an einem Stück durchfahren! Die Strecke wurde uns von den Einheimischen als schlecht beschrieben, aber mit unseren einspurigen Fahrzeugen haben wir natürlich viel bessere Möglichkeiten irgendwelchen Hindernissen auszuweichen. Oder hat uns vielleicht unserer vorherigen Erfahrung mit der Knochenstraße die Straße nach Magadan weniger schwierig wirken lassen?! Auf jedenfall kommen wir gut durch. Selbst das wechselhafte Wetter stoppte unseren Vorwärtsdrang nicht.
Noch eine Geisterstadt |
Sind wir froh als wir knapp 10 Stunden später folgendes Schild sehen:
Es ist geschafft! Wir haben gesund und munter Magadan erreicht!!! Yeah!!!
Da eine Sehenswürdigkeit Magadans auf der Strecke liegt, steuern wir sie direkt an: the mask of sorrow (die Maske der Trauer). Infos gibt es hier. Es ist nur so viel gesagt, dass die Maske das Leid tausender Gulag-Häftlingen, politisch Verfolgten oder Minderheiten der Sowjetzeit gewidmet ist.
Maske der Trauer |
Wie es der Zufall will, besteigen wir gerade das Monument als auf einmal unsere russischen Freunde Pjotr, Natascha und Vladi um die Ecke biegen! Nach einem verdutzten Blick freuen wir uns zu sehen! Zufälle gibts! Wir machen uns gleich etwas für den Abend aus, Steff ist auch noch in Magadan!
Abends wollen wir uns alle in einer Pizzeria treffen - als wir ankommen ist sie gerade im Umbau und geschlossen. Trotzdem überwiegt die Freude Steff zu sehen und natürlich wollen alle von ihren Abenteuern berichten. Da Pjotr ein großer Fischer ist laden sie uns ein den frisch gefangenen Lachs mit Ihnen zu teilen.
In der Ferienwohnung der 3 Russen wird der Lachs zubereitet während wir unsere Geschichten austauschen. Auch Steff hat noch eine kleine Tortur hinter sich bringen müssen...Reifenplatzer, Reifenpanne, im Container schlafen...
Frischer Lachs! |
Paul und ich haben noch zwei Tage. Chris noch einen und Steff ist bereits ausgeflogen. Als erstes müssen wir uns um die Bikes kümmern, d.h Dreck abwaschen (das wird in einer Textilwaschstraße gemacht) und dann Spedition aufsuchen. Ersteres ist leicht:
...mit der Spedition ist es schon so eine Sache. Da Russland die Regelung hat, dass man persönlich sein Fahrzeug außer Landes bringen muss und es nicht z.B. durch eine Spedition verschicken lassen kann, hat man eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder man verschickt es innerhalb Russlands und holt es spätestens nach einem Jahr nach Einreise wieder heraus oder man versucht den halblegalen Weg über einen Kontaktmann der jemanden kennt der jemanden kennt der das Bike außer Landes bekommt. Dieser Premiumservice hat natürlich auch einen Premiumpreis. Außer Chris entscheiden sich alle für einen Versand nach Moskau.
Abschlussbild mit Pjotr in der Mitte |
Am Nachmittag nehmen uns Pjotr und Natascha mit dem Leihwagen an die Küste nach Ola (ist noch ein Stück östlicher). Eine spektakulärer Strand. Die Sonne scheint, eine heftige Brise weht aber man hat einen traumhaften Blick über die umliegende Landschaft mit schneebedeckten Bergen!
Am nächsten Tag mache ich einen kleinen Rundgang durch Magadan. Es ist ein kompaktes Städtchen, was vor allem daran liegt, das es viele Neubauten bzw. Wohnblöcke gibt. Im Zentrum sieht man noch einige Häuser mit altem Flair und Glanz. Wahrzeichen der Stadt ist die Heilige Dreifaltigkeitskirche mit ihren goldenen Zwiebeldächern.
Dreifaltigkeitskirche |
Die Innenstadt ist schön bepflanzt und es geht beschaulich zu. Wenn man sich die Blumen anschaut hat man das Gefühl das erst vor kurzem der Frühling eingesetzt hat, alles blüht und frischen Grün spitzt überall hervor. Aber es ist schon Mitte August!
In der Stadt |
Eingang zum großen Stadtpark |
Am Abend sacken uns Pjotr und Natascha wieder ein und überraschen uns mit einem Grillabend am Meer! Was für ein schöner Abschluss und so beispielhaft für die großartige russische Gastfreundschaft!
Grillabend |
Abendstimmung |
Nun gehen 5 Wochen einer intensiven Reise zu Ende. Die mongolische Hauptstadt Ulaan Batar liegt gefühlt viel weiter weg. Eine Reise die den Kopf wieder mal so richtig leer machte und von allen Problemen der Heimat ablenkte. Eine Reise die aufzeigte wie wichtig es ist zusammen zu halten obwohl man sich kaum kennt. Eine Reise die materialmordender kaum ging. Eine Reise die einen die eigenen körperlichen als auch physischen Grenzen aufzeigte. Eine Reise die den Horizont erweiterte.
In diesem Sinne bedanke ich mich bei der Leserschaft und bin voller Vorfreude auf die Fortsetzung der Reise nächstes Jahr ab Moskau!
Flughafen Magadan |
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