Donnerstag, 26. Juli 2018

Road of Bones - Es kommt immer anders als man(n) denkt...

Frühstück besteht heute aus Brot und Käse und was wir noch so in unseren Taschen finden. Als wir starten wollen versagt Steffs KTM den Dienst. Batterie leer. Irgendwo hat er einen Kriechstrom im elektrischen System. Wir schieben ihn ein paar Mal den Berg hoch, irgendwann läuft die Maschine. Aufgesattelt und los gehts.

10 sandige Kilometer später erreichen wir den Barguzin und uns wird etwas mulmig. Der Fluss führt mehr Wasser mit sich als normalerweise, Bäume am Ufer schauen direkt aus dem Wasser. Von Ufer zu Ufer sind es ca. 80 Meter. Stromschnellen sind mit bloßem Auge erkennbar. Puh.
Steff stürzt sich voller Tatendrang in die Fluten. Als er aber nach 1,5 Meter bereits hüfttief im Wasser steht bricht sein Vorwärtsdrang ab. Saukalt ist es auch noch. So vergeht Zeit und wir beraten was wir tun können. Chris rückt mit dem Bike aus, um flussaufwärts eine Stelle zum Überqueren zu finden. Wir anderen schauen in der lokalen Umgebung um eine geeignete Stelle. Es fängt bereits an in uns zu arbeiten, dass der Bargusin eine Hausnummer zu groß für uns ist.
Nach einer Weile kommt Chris zurück und berichtet von einer möglichen Stelle. Wir satteln die Motorräder auf und folgen ihm. In der Tat fließt der Fluss weniger schnell, aber ist immer noch gut 50 Meter breit. Aleksej schnallt das mitgeführte Schlauchboot ab und pumpt es auf. Es besteht ja immer noch der Plan die Motorräder einzeln auf dem Boot über das Wasser zu bringen.  Auf der anderen Seite sehen wir zwei anderen Russen. Einer kommt tatsächlich mit dem Schlauchboot herüber. Er setzt sich etwas oberhalb ab und rudert mit kurzen schnellen Schlägen durch den Fluss. Ca. 30 Meter weiter flussabwärts ist er auf unserer Seite. Sah gar nicht so schwierig aus. Wir wassern Aleks mit Boot und befestigen unsere Schnur. Auf los geht es los. Aleks paddelt wie einer Verrückter bis zur Flussmitte, kommt aber nicht drüben an und wird einfach abgetrieben. Wir sichern ihn mit unserem Seil und ziehen ihn zurück. Den Plan können wir auch begraben. Es dämmert uns, dass wir nicht weiter kommen. Eine Möglichkeit haben wir noch, einen Kamaz (das sind die schweren russischen LKW) zu bekommen auf dessen Rücken wir über das Wasser kommen. Um es kurz zu machen, auch dieser Plan scheitert: dem ersten Kontakt ist es zu gefährlich, der zweite ging nicht ans Telefon und der dritte wäre in unbestimmter Zeit erst vor Ort (morgen bis 7 Tage).


Blick auf den Bargusin


Vorbereitung des Schlauchbootes


Überlegungen nach Überquerungsalternativen


Kartenstudium für den schnellsten Umweg

Es kommt immer anders als man denkt und somit haben wir uns einen knapp 2.000 km langen Umweg eingehandelt. Um auf die BAM zu kommen müssen wir südlich des Baikals entlang und diesen westlich umrunden.


Treuer Streuner

Jedes Unglück hat aber auch sein Gutes und nach einem langen Fahrtag campen wir bei Sonnenschein südlich von Turka direkt am Baikal.



Baikal


Turkas Leuchtturm


Camping



Der nächste Tag ist eine Mammutetappe, mehrheitlich auf Asphalt geht es nach Irkutsk. Anfänglich werden wir durch einen Elektronikdefekt bei Steffs KTM ausgebremst, nach zwei Stunden geht es  dann los. Der Straßenzustand ist "durchwachsen", was bei uns als schlecht Straße durchgehen würde ist hier ein Highlight. Relativ verkehrsreich geht es ans südliche Ende des Baikals. Solche langen Etappen zerren an den Kräften, man muss besonders konzentriert fahren, da man nie weiß, was hinter der nächsten Ecke wartet.


KTM Reparatur


Kwass zur Abwechselung


Frische Gartenhim- und Erdbeeren

Am Ende "droht" uns noch ein Highlight. Aleks kündigt uns eine der gefährlichsten Strecken Russlands an und wir sollen nochmals und nochmals aufpassen. Tatsächlich stellt sich die Strecke als die Schönste des ganzen Tages heraus. Es geht kurvig durch eine tolle Berglandschaft. Die Gefährlichkeit geht nicht von der Straße aus - diese ist in perfektem Zustand - sondern vom Gegenverkehr. Trotz durchgezogener Mittellinie wird überholt, auch in Kurven. Wir bleiben verschont und rollen nach 525 km und 8,5 Stunden in Irkutsk ein. Es gibt noch eine 23Uhr-Pizza bevor wir erledigt ins Bett fallen.

Aleks muss noch Reifen wechseln, Paul muss seine Campingausrüstung aufstocken. Steff braucht einen Spiegel und ich suche einen Luftfilter. Wenn die Pisten trocken sind, werden riesige Staubfahnen durch die Fahrzeuge aufgewirbelt. Wenn wir hintereinander fahren atmen die letzteren Bikes richtig viel Staubluft. Ich denke, dass ich bei diesen Bedingungen bald einen neuen Filter brauche.
Den Morgen nutze ich noch für einen kleinen Stadtrundgang. Recht nettes Städtchen, der großen Fluss Angara mäandert durch die Stadt. Alte Bauwerke wurden aufwändig restauriert. In der Altstadt kann man richtig alte Holzhäuser bewundern.
Auf dem Bauernmarkt gibt es frisches Gemüse aus den umliegenden Gärten zu kaufen. Auch leckere saure Gurken. Und ein Kwass für zwischendurch darf natürlich auch nicht fehlen.


Morgendlicher Rundgang durch Irkutsk




Angara Fluss






Klassische Straßenbahn


Windschiefe Hütte


Bauernmarkt



Erneuert eine Mammutetappe, leider reisen - man könnte fast jagen - wir unserem Zeitplan hinterher. Nach Irkutsk warten 300 km Asphalt auf uns. Es geht durch eine riesige Ebene mit kurzgewachsenem Gras. Die langen Tage vorher und das zeitige Aufstehen für den kleinen Stadtrundgang haben ihre Spuren hinterlassen. Ich bin saumüde und kämpfe damit auf der Straße zu bleiben. Als die 300 km geschafft sind geht es auf einer Piste weiter. Aber auf was für einer! Wir folgen der Lena stromabwärts durch eine traumhafte Landschaft. Kleine Dörfer mit windschiefen Holzhäusern liegen an der Strecke, manche haben zumindest einen kurzen Abschnitt Teer damit sich der Staub nicht überall absetzt, andere werden knadenlos durch den durchgehenden Verkehr eingestaubt.


Tal der Lena


Chris mit Staubwolke




Wir campen direkt am Ufer und waschen den Schweiß des Tages in der Lena ab, herrlich erfrischend.

Der nächste Tag sollte es in sich haben. Wir starten bei trockenem, aber bewölkten Wetter und angenehmen Temperaturen. Geteerte Straßen sind heute Mangelware. Die Piste ist manchmal gut und manchmal richtig schlecht, so dass man in viel Zeit schlecht vorankommt. Mittlerweile hat ein leichter Nieselregen eingesetzt, die Schlaglöcher füllen sich mit Wasser. Mehrfach nehme ich bei voller Geschwindigkeit riesige Schlammlöcher mit und der Dreck spritzt meterweit. Bei Aleks reisst der Gaszug. Zwischenzeitlich können wir 4 harte Kerle bestaunen, die 14 Tage in einem Panzer in die Wildnis ausrücken um Gaspipelines zu kartografieren. Alle zusammen schlafen in dem Panzer, wie krass ist denn das.




14 Tage, 4 Jungs, 1 Panzer


Dreckfest



Schlussendlich erreichen wir die BAM, was uns einerseits glücklich macht, anderseits haben es die letzten 150 km in sich. Schwerer Regen hat eingesetzt und wie immer haben wir nicht rechtzeitig die Regenklamotten angezogen. Die Fahrt ist katastrophal, Pfützen werden zu Schlammteichen. Paul und ich saufen regelrecht ab. Meine Schuhe füllen sich langsam mit Wasser. Weniger glücklich ist, dass sie wasserdicht sind - jetzt läuft Wasser hinein, aber nicht mehr hinaus! Wir quälen uns durch zerlöcherte Wege, kämpfen mit Kamaz-Ungetümen. Mein Visier ist so dreckig, dass ich es nicht mehr schließen kann, ich würde einfach nichts mehr sehen. So fahre ich mit offenem Visier und der Regen peitscht mir ins Gesicht.


BAM erreicht

Nach 3 Stunden kommen wir in Severobaikalsk an. Die Stadt am nördlichen Ende des Baikals. Für den haben wir momentan keinen Sinn mehr. Es soll nur noch ins Hotel und raus aus den nassen Klamotten und unter die heiße Dusche. Brrr, aber die Stimmung in der Gruppe ist gut.
Aleksei, Paul und ich teilen uns einen kleinen Raum. Da die Zentralheizung abgestellt ist, haben wir auch keine Möglichkeit unsere nassen Sachen zu trocknen. Die Babuschka schaue ich mit Hundeblick und tropfenden Schuhen an. Da kann sie nicht widerstehen und holt einen E-Radiator und eine Heizkanone heraus. 10 Minuten später gleicht unser Zimmer einer Sauna. Feuchtwarme Dämpfe mit männlichem Geruch. Wir schlafen trotzdem wie Murmeltiere.


Wasser im Stiefel


Trockenraum

Am nächsten Tag weckt uns die Babuschka pünktlich um 8 Uhr zum Frühstück. Omelett und Blinui (wir würden Plinsen bzw. Eierkuchen sagen). Danach wollen sich Aleks und Steff in die Stadt aufmachen, um Krümmer und Seitenständer der KTM zu richten. Als wir einen groben Blick auf die Bikes werfen, stellen wir fest, dass bei jeder Maschine (außer Pauls) die hinteren Bremsscheibenbeläg abgerissen sind!!! Durch den steten Schmutz konnte der Bremszylinder nicht mehr einfahren und hat mit Gewalt den Bremsbelag weggedrückt. Nun war guter Rat teuer!!! Außer Chris hat keiner Ersatzbremsbeläge dabei! Aber wir wären ja nicht in Russland, wenn man sich nicht in der hinterletzten Ecke noch irgendwie helfen könnte. Aleksei treibt einen Kapitän der lokalen Baikalschifffahrt auf, und als lokales Multitalent weiß dieser auch gleich Rat: einfach neue Beläge drauf kleben! Wir schauen uns an und zucken mit den Achseln - was bleibt uns anderes übrig!
Jetzt ging die große Schrauberei los und für uns stand fest, dass wir heute nicht weiterreisen brauchen. Der Regen hatte zwischenzeitlich auch wieder eingesetzt. Während Aleks und Steff die KTM richten sind, geht der Rest ins Café auf der anderen Straßenseite und relaxen ein bisschen.
Und tatsächlich 3 Stunden später halten wir neu belegte Bremsbeläge in den Hände! Klasse! Dann wird eingebaut und den Rest des Tages verbringen wir mit Reparaturen und Einstellungen an den Bikes.
Die größten Kopfschmerzen bereiten uns aber das Kettenrad von Chris' KTM 690. Es ist schon so verschlissen, dass die Zähne in eine Richtung zeigen. Bis Tynda sind es noch 4 Fahrtage durch schwieriges Gelände, also wäre es gut das Kettenrad inklusive Kette noch vor der Abfahrt zu wechseln. Ein Satz ist in Irkutsk verfügbar und soll voraussichtlich schon den nächsten Tag eintreffen. Diese Hoffnung hält sich bis zum Abend, bis wir die Nachricht bekommen, dass die Teile es nicht bis morgen schaffen. Noch einen Tag länger wollen wir hier aber nicht verbringen, also wird Chris es mit dem defekten Kettenrad probieren und wir das Kettenkit nach Tynda schicken.


Fehlender Bremsbelag


Reparatureinsatz


Chris' Kettenrad



Fazit des Tages: es gibt immer einer Lösung!


Letzter Blick auf den Baikal

PS: Wusstet ihr schon, dass es hier sowohl links- als auch rechtsgelenkte Autos gibt? Das hängt mit dem Import von japanischen Fahrzeugen zusammen. Da in Japan Linksverkehr herrscht, haben die Fahrzeuge ihre Lenkräder auf der rechten Seite.
Wir haben bereits einige kuriose Unfälle gesehen und haben uns gefragt, woran liegt das? In Russland herrscht Rechtsverkehr. Wenn also ein rechtsgelenktes (japanisches) Fahrzeug z.B. einen LKW überholen will, muss dieses weit nach links  ausscheren, damit der Fahrer auf der rechten Seite überhaupt den Verkehr sehen kann. Das ist manchmal so weit, dass ein entgegenkommendes Fahrzeug nicht mehr ausweichen kann und es zur Kollision kommt.

Montag, 23. Juli 2018

Road of Bones - Bis zum Baikal und weiter

Das Frühstück in Süchbaakar fällt spärlich aus: 2 Scheiben Brot, 2 Scheiben Salami, ein Ei und eine halbe saure Gurke. Die Teller hinterlassen wir leer.

Auch ein Highligt des Hotels...

Kurz danach sind wir auf der Strecke und raus aus der Sandstadt. 20 km später erreichen wir die Grenze zu Russland.

Neverending road...


Noch wussten wir nicht, was uns für ein Marathon bevor stand.

Zunächst hält man vor einer Schranke für die übliche Passkontrolle. Gleichzeitig bekommt man den Zettel zum Stempelsammeln überreicht. Am nächsten Tor gibt es nochmal einen Pass- und Fahrzeugscheincheck. Und schon trennten sich Steffs und Chris' Wege von unseren, da wir noch unsere Motorräder auszollen mussten.
Für Paul und mich hieß es nun warten, denn die junge Dame vom 'Border broker' nahm sich unserer Sache an: ein Dokument hier, eines da, da 5min warten, dort 10. Während Paul und ich geistreiche Gespräche führen, verstreicht die Zeit. Zwischenzeitlich ist die Brokerin ganz verschwunden. Als sie wiederkommt versucht sie in sehr gebrochenem Englisch auf einem 'Spaziergang' außerhalb des Grenzhauses über 'Broker Tax' zu sprechen. Zwei Anläufe werden von Ihr unternommen, beide Male zucken wir mit den Schultern. Wir vermuten, dass wir Bakschisch zahlen sollen, denn wir hatten bereits eine Servicegebühr für das einzollen bezahlt. Schlussendlich lagen wir falsch, denn am Ende mussten wir die Gebühr in Höhe von 50€ doch zahlen, aber mit Quittung! Eigentlich sind wir bereits fertig, aber es müssen noch ein paar Daten weggesendet werden. Zum unserem Glück ist das Netzwerk ausgefallen und wir dürfen noch eine Stunde in der Sonne schmoren bevor wir "freigelassen" werden.
Alle gesammelten Stempel am Ausgang abgeben und mit vollem Elan in den russischen Teil der Grenzanlage.
Im Befehlston wird uns gesagt wo wir zu parken haben und welche Dokumente auszufüllen sind. Natürlich komplett in russisch, es dauert eine Weile bis uns eine englische Entsprechung gezeigt wird. Dann der Gleiche blabla wie auf der mongolischen Seite.
Alles zusammen hat uns die Grenze 6 Stunden gekostet! Es ist nun halb vier und wir wollen beziehungsweise müssen noch nach Ulan Ude, da wir dort eine Unterkunft gebucht haben.

Im Zollgebäude


Chris und Steff haben in einem grenznahen Café gewartet und sind froh uns zu sehen. Da der Mobilfunk nicht gearbeitet hat, konnten sie auch nicht wissen was mit uns los war.


Wir palavern nicht lange und brechen direkt auf. Die seichten grün bewiesten mongolischen Berge werden schnell von bewaldeten Bergen abgelöst. Die Strasse määndert verlassen vor sich hin. Der Asphalt ist grösstenteils in gutem Zustand, aber schon hier bekommen wir erste Eindrücke von "russischen Baustellen". Diese werden ungefähr 10 Meter bevor sie losgehen mit Schildern markiert. Wenn man sich vorstellt, dass man die gut geteerte Strasse mit ca. 90-95 km/h ankommt und es dann einen derben ins Fahrwerk gibt, da mit einem Mal der Asphalt zu Ende und die fieseste Buckelpiste beginnt. Diese Strecken haben Schlaglöcher gross und tief wie Medizinbälle, Verwehungen, tiefe Fahrrinnen und grobe Steine bzw. Sand ist auch dabei. Diese Strecken dauern nur ca. 5 bis 20 Kilometer an bevor sie mit einem Schlag wieder zu Asphalt werden.

Aber wie schon erwähnt, diese Strecken hier sollten nur ein Vorgeschmack sein.






Wir erreichen spät Ulan Ude. Wir befürchten schon nichts mehr zum Abendessen zu bekommen, aber wir haben Glück und finden noch ein nettes Restaurant mit Blick auf den Stadtplatz und Leninkopf. Wenn eine russische Stadt etwas auf sich hält, dann ist immer irgendwo ein Lenin zu finden.

Leninkopf in Ulan Ude

Vitamine sind auch mal gut


Der nächste Tage beginnt organisatorisch. Steff muss seine Taschen nähen lassen. Paul und ich müssen nochmal in die Innenstadt, da unsere Motorradverzollungsdokumente wieder in die Mongolei müssen. Das ist eine grössere Aktion, so dass wir ins Hotel zurückhetzen, damit wir geradeso 5 min vor um 12 Uhr auschecken können.

In Turka, an der Ostseite des Baikals gelegen, wollen wir Aleksej treffen. Am Vorabend hat er uns Bilder von seinem Campingplatz direkt am Wasser geschickt. Unsere Idee Gesellschaft zu leisten fällt flach, weil zu viel Wasser von oben kommt, dazu hat sich die Temperatur merklich abgekühlt. Auf schön kurviger Strecke geht es in ein Dorf nördlich von Turka, auch Aleksej hat sich ins trockene geflüchtet.

Blaubeeren-Snack an der Tanke mit der Sammlerin

Treffen mit Aleksej und Planung der weiteren Tour

Triefnass kommen wir an und trinken erstmal gemeinsam Tee und Essen russische Donuts (anstatt des Lochs gibt es Marmelade, viel besser als das Original). Da es Nachmittag ist und wir den Tag nicht schon besiegeln wollen entscheiden wir uns noch weiter nördlich nach Ust-Barguzin zu fahren. Glücklicherweise ziehen sogar die Wolken auf und es hört auf zu regnen.
Dafür blutet heute noch mal richtig mein Herz: die russischen Baustellen zeigen sich von ihrer besten Seite, da es geregnet hat werden sie noch glitschig dazu. Meine Kollegen bügeln ohne Kompromisse über alles drüber. Qdu muss wohl oder übel auch. Ich leide mit der Kleinen. Dann kommt wieder ein kurzes Stück Asphalt und nochmal eine quälend lange Baustelle. Das Wetter hat mittlerweile wieder zugezogen, es hat 15°C und wir sind in Ust-Barguzin. Bei eine internetären Unterkunftsplattform ist bereits alles ausgebucht. Steff hatte sich etwas abgespeichert, leider befindet es sich nicht da wo es sein sollte. Fragen hilft und wir kommen an ein Grundstück mit einem kleinen Schild was eine 8,8-Sterne Bewertung darstellt. Die Besitzerin meint es ist ausgebucht, wir könnten noch Notplätze bekommen. Dazu muss sich die Gruppe aufteilen und wir bekommen die Schlafgelegenheit inklusive Halbpension für 13 €! Geschenkt, da die Besitzerin selbst kocht und es hervorragend schmeckt.
Das Grundstück erweist sich als urig. Pflanzen dürfen wild wuchern und setzen das massive Holzhaus in Szene. Sogar eine Sauna ist dabei, die natürlich auch ausprobiert wird.


Gefrorene Hand

Mistwetter und löchrige Strassen

Unterkunft in Ust-Barguzin


Leckere Hausfrauskost am Abend

Morgenspaziergang durch Ust-Barguzin






Am nächsten Morgen drehe ich eine Runde durch Ust-Barguzin. Es ist nichts los, Samstag um 8. Nur ein paar Streuner laufen durch die Strassen und bellen verschämt. Die Sandwege sind noch feucht vom Regen in der Nacht. Die Holzhäuser sind alle hinter hohen Zäunen verbarrikadiert. Die Schule und das Krankenhaus haben auch schon bessere Zeiten erlebt. Ich frage mich, was die Leute bewegt hier zu bleiben. Es gibt nur einen kleinen Tante Emma laden. Die Tankstelle besteht aus zwei Säulen. Womit verdient man hier seinen Unterhalt. Ich werde keine Antwort auf diese Fragen bekommen.

Da wir im Regen so gut wie gar nichts vom Baikalsee mitbekommen haben, wollen wir heute nochmal an das Ufer fahren. Wir überqueren den Barguzin der hier in den See mündet und fahren eine befestigte Sandstrecke raus auf eine Halbinsel. Auf halber Strecke sehen wir das erstemal den Baikal. Wie ein Meer liegt er vor einem. Die Wellen sind gut einen halben Meter hoch. Mir fällt in dem Moment kein See ein, bei dem ich überhaupt schon mal solche Wellen wahrgenommen hätte. Fantastisch. Der Sandstrand lässt einen denken man sei am Meer, nur das Wasser schmeckt nicht salzig.

Ich war im Baikalsee :)

Baikalsee

Na wer kann denn so einem Blick für ein Mittagssnack widerstehen?

Nach einer guten halben Stunde des Geniessens geht es weiter nordwärts, das Ziel für heute ist der Anfang der Route 110, eine Offroad-Legende unter den russischen Strassen. Um dahin zu kommen fahren wir bereits 80% nur Offroad. Die Landschaft ändert sich mit jedem Kilometer. Erst geht es durch tiefe Nadel- und Birkenwälder, dann fahren wir entlang des Barguzins der sich in eine grosses Delta mit zahlreichen Wasserarmen aufgefächert hat. Linkerhand erhebt sich eine kolossale Bergkette die mich an die Alpen erinnern lassen. Unterhalb schiessen 5 Jungs auf ihren Mopeds über die breiten Pisten. Das macht mittlerweile richtig Spass!!!

Erster Blick auf den Barguzin






Auf der Mitte der Strecke halten wir bei einem buddhistischen Kloster. Keiner von uns hätte so einen Bau hier in der Wildnis erwartet! Aleksej möchte uns noch den Pilgerpfad zeigen. Es ist mittlerweile ziemlich warm, und die Strecke bergaufwärts trägt auch nicht zur Kühlung bei. Oben angekommen geben ca. 50 Gläubige im Kreis durch hunderte markierte Bäume hindurch. Zum Schluss verbeugen sie sich vor einem riesigen Findling und sprechen ihr Gebet.
Auf dem Weg nach oben haben wir fleissig an den Gebetstrommel gedreht, auf dem Weg nach unten lassen wir sie liegen, wir wollen wieder auf die Bikes.






Die breite Piste wird zum zweispurigen Pfad und in einer Art Feriendorf. Das es wieder mit tröpfeln angefangen hat, melden wir uns für eine Ferienwohnung an. Die besteht aber nur aus einem Raum mit kleiner Küche und vier Betten. Hauptsache ein Dach über dem Kopf. Sobald wir heraustreten haben wir Mückenschwärme um uns, dass ist echt anstrengend, da wir uns nur mit fuchtelnden Armen bewegen und unterhalten können.




Erst fragen wir uns, weshalb dieser Ort so feriendorfähnliche Züge hat, finden aber bald heraus, dass es hier heisse Quellen gibt! Das wird natürlich ausprobiert, in der Hoffnung das uns absorbierter Geruch nach faulem Ei die Mücken vertreibt. Denkste!



Geschafft schlafen wir ein. Morgen geht es dann zum Barguzin herunter. Der muss gequert werden, und dann beginnt die Route 110! Wir sind gespannt, denn wir haben schon von einigen Expedition gehört, die umkehren mussten aufgrund von Hochwasser...


PS: russische Leckereien


Mit Urheberrecht nimmt man es nicht so genau...

Sprite Wassermelone/ Gurke: echt lecker!

Bounty Ananas